Tun, was getan werden muss

Mann mit Cha­rak­ter. Die Fotos habe ich mit mit mei­ner Con­tax RTS II und dem Carl Zeiss Dista­gon 2.8/35 T* aufgenommen.

Es war auf einer Fahrt von der Redak­ti­on zu einem Ter­min – oder zurück -, als ich den Mann ent­deck­te. Er schnitt Kopf­wei­den am Ran­de eines Ackers in der Nähe von Ben­torf im Kal­le­tal. Ich war mit mei­nem klei­nen roten Fiat Pan­da Rich­tung Kall­dorf und wei­ter nach Vlo­tho unter­wegs. Es war Anfang der 80er Jahre.

Ich kann nicht genau sagen, was mich bewo­gen hat anzu­hal­ten und mir genau­er anzu­se­hen, was er da mach­te. Und er hät­te mich eben­so gut ste­hen las­sen kön­nen und ein­fach wei­ter sein Ding machen und mich igno­rie­ren kön­nen. Aber als ich ihm erzählt habe, dass ich für »sei­ne« Zei­tung unter­wegs war, hat er mit erlaubt, ein paar Bil­der zu machen.

Mit kraftvollen Schlägen werden die Weidenäste gekappt.
Mit kraft­vol­len Schlä­gen wer­den die Wei­den­äs­te gekappt.

Bis heu­te ist die­ses spon­tan ent­stan­de­ne Por­trait eines mei­ner ganz per­sön­li­chen Lieb­lings­bil­der. Viel­leicht, weil ich eine beson­de­re Authen­ti­zi­tät dar­in sehe. Viel­leicht, weil es einen für die­se Gegend typi­schen Men­schen zeigt – knor­rig, flei­ßig, auf­recht, dis­zi­pli­niert. Lei­der weiß ich beim bes­ten Wil­len nicht mehr, wie er hieß. Sicher kam er von einem der Höfe nahebei.

Mei­ner Erin­ne­rung nach wur­den die Bil­der unge­fähr hier auf­ge­nom­men – Click für Goog­le Maps.

Wenn man sich das Bild in Ruhe ansieht, fal­len einem diver­se Details auf. Da ist der ruhi­ge, ent­spann­te Blick. Dann die akku­ra­te und zugleich prak­ti­sche Klei­dung – er trägt Hemd, Pull­over und Sak­ko und einen Parka dar­über. Dann die Müt­ze mit den zwei Hirsch­horn­knöp­fen. Sie vor allem lässt mich den­ken, dass er Sol­dat im Zwei­ten Welt­krieg war – ganz sicher.

Kein tol­les Wet­ter für Außen­ar­bei­ten. Aber was muss, das muss.

Die Kap­pe mit den zwei Knöp­fen erin­nert sehr an die Basch­lik­müt­ze 43 (Feld­müt­ze). Die Gebirgs­jä­ger tra­gen sie noch heu­te. Aber mein Ein­druck beruht auch auf sei­ner straf­fen Hal­tung, die etwas Mili­tä­ri­sches hat, und mir eini­ges ver­rät. Glatt­ra­siert, die blitz­blank geputz­ten Stie­fel, die auf einem wei­te­ren Foto zu sehen sind, tun ein übriges.

Es war Win­ter. Es hat­te geschneit. Es war kalt, nass­kalt. Neb­lig. Aber es gab etwas zu tun. Die Wei­den muss­ten gekappt wer­den. Wie immer um die­se Zeit. Jedes Jahr. Also tat er es. Er zog sich an, nahm sei­ne – zwei­fel­los per­fekt geschärf­te – Axt, ging los und tat, was getan wer­den musste.

Ich mag die­ses Bild. Ich den­ke, ich mag es, weil ich auch den Mann mag.


Ab und zu ver­öf­fent­li­che ich eines mei­ner Bil­der an die­ser Stel­le. Und erzäh­le etwas dazu, was mir wich­tig erscheint. Es wer­den nicht immer die Fotos sein, die online am popu­lärs­ten waren oder sind. Es kön­nen Scans von Bil­dern auf Film oder digi­ta­le Shots sein. Wie auch immer. Wer mag, kann sich ger­ne dazu äußern. Kom­men­ta­re sind willkommen.

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