Und auf einmal hat es geknallt

Ungläubiger Schreck. Ein Mann in seinem Wohnzimmer, nachdem es im Nachbarraum eine leichte Explosion gegeben hat. Aufgenommen habe ich das Foto sicher mit meiner Contax RTS II und dem bewährten Carl Zeiss Distagon T* 2.8/35. Das war damals auf diesem Gehäuse meine Immer-dran-Linse.
Ungläu­bi­ger Schreck. Ein Mann in sei­nem Wohn­zim­mer, nach­dem es im Nach­bar­raum eine leich­te Explo­si­on gege­ben hat. Auf­ge­nom­men habe ich das Foto sicher mit mei­ner Con­tax RTS II und dem bewähr­ten Carl Zeiss Dista­gon T* 2.8/35. Das war damals auf die­sem Gehäu­se mei­ne Immer-dran-Linse.

Wenn man ein jun­ger Lokal­re­por­ter ist, besteht die Auf­ga­be größ­ten­teils dar­in, Ter­mi­ne zu besu­chen, das Gemein­de­le­ben zu beglei­ten, über Fes­te zu berich­ten und die Kom­mu­nal­po­li­tik zu ver­fol­gen und zu kom­men­tie­ren. Repor­ta­gen über inter­es­san­te Men­schen und Din­ge abseits des All­tags sind da eine will­kom­me­ne Abwechs­lung. Und dann gibt es natür­lich die gan­ze Band­brei­te an Unfäl­len und schlim­men oder weni­ger schlim­men Kata­stro­phen. Die sind zwar nicht schön, vor allem nicht, wenn sie einem sel­ber pas­sie­ren – aber ihre Leser fin­den sie ganz sicher trotzdem.

An die Gele­gen­heit, bei der die­ses Bild ent­stand, erin­ne­re ich mich noch recht gut. Es muss Anfang bis Mit­te der 80er Jah­re gewe­sen sein, in Weh­ren­dorf, einem Orts­teil von Vlo­tho an der Weser.

Der Bewoh­ner sei­nes Hau­ses sitzt in einem Ses­sel in sei­nem Wohn­zim­mer und schaut an die Wand neben ihm – ganz so, als kön­ne er nicht glau­ben, was er da sieht. Der Boden und der Tep­pich dar­auf sind über­sät mit Stei­nen und klei­ne­ren Trüm­mer­tei­len. Die Wand selbst steht in einem unge­wöhn­li­chen Win­kel; die Mus­ter­ta­pe­te hat einen Riss. Der Mann lehnt sich in sei­nem Ses­sel in genau dem glei­chen Win­kel zur Sei­te, in dem die Wand schief steht.

In der Ecke hin­ter dem älte­ren Mann, der eine (zwei­fel­los blaue) Arbeits­ja­cke trägt, steht eine gro­ße leicht baro­cke Steh­leuch­te. Neben ihm, an der schie­fen Wand, ein fahr­ba­rer Zeit­schrif­ten­stän­der mit einem Ker­zen­stän­der oben drauf. Links davon liegt, von einem Stück Putz mit Tape­te fast ver­deckt, eine Metall­va­se mit Blu­men dar­in auf dem Boden.

Hier hat noch nie­mand auf­ge­räumt. Es sieht so aus, als wäre die leich­te Gas­ex­plo­si­on im Bade­zim­mer neben­an gera­de erst pas­siert. Was, neben­bei bemerkt, auch bedeu­tet: Ich war schnell da.

Auch wenn es sich ledig­lich um eine Ver­puf­fung gehan­delt haben soll­te, war die Ener­gie aus­rei­chend, um die mas­siv gemau­er­te Wand ein­zu­drü­cken und den Haus­be­woh­nern einen gehö­ri­gen Schreck ein­zu­ja­gen. Zu Scha­den kam aber nie­mand, soweit ich mich erinnere.

Das Foto mag ich des­halb beson­ders, weil es für mich nicht nur den rein doku­men­ta­ri­schen Cha­rak­ter eines typi­schen (und oft lang­wei­li­gen) Zei­tungs­bil­des hat. Es erzählt mit sei­nen vie­len Details eine Geschich­te. Ich den­ke, es ver­dien­te damals schon gedruckt und auch heu­te noch­mals gewür­digt zu werden.


Ab und zu ver­öf­fent­li­che ich eines mei­ner Bil­der an die­ser Stel­le. Und erzäh­le etwas dazu, was mir wich­tig erscheint. Es wer­den nicht immer die Fotos sein, die online am popu­lärs­ten waren oder sind. Es kön­nen Scans von Bil­dern auf Film oder digi­ta­le Shots sein. Wie auch immer. Wer mag, kann sich ger­ne dazu äußern. Kom­men­ta­re sind willkommen.

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